WSJ-Reporter Evan Gershkovich in Jekaterinburg wegen Spionage verhaftet

In Jekaterinburg hat das Föderale Sicherheitsbüro (FSB) einen Korrespondenten des in den USA erscheinenden "Wall Street Journal" festgenommen, berichtet RIA Novosti am Donnerstag, den 30. März.

Der Korrespondent wurde als Evan Gershkovich identifiziert, ein 32-jähriger Mitarbeiter des Moskauer Büros der amerikanischen Publikation.

Wie es hieß, wurde der Mann wegen Spionage verhaftet. Der Korrespondent wird verdächtigt, für die USA geheime Informationen über ein russisches Unternehmen der Rüstungsindustrie gesammelt zu haben.

Bekannte des Korrespondenten sagten, er sei an Informationen über PMC Wagner interessiert.

Nach Angaben des FSB "sammelte Evan Gershkovich auf Anweisung der amerikanischen Seite Informationen, die ein Staatsgeheimnis darstellen, über die Aktivitäten eines Unternehmens des russischen militärisch-industriellen Komplexes".

Gershkovich wurde festgenommen, "als er versuchte, geheime Informationen zu erhalten", so der FSB weiter.

Jaroslaw Schirschikow, ein Öffentlichkeitsarbeiter aus Jekaterinburg, meldete Gershkovichs Verschwinden am Morgen des 30. März. Schirschikow, der Gershkovich persönlich kannte, sagte, dass Gershkovich sein Telefon im WSJ-Büro zurückgelassen habe, "für den Fall, dass ihm etwas zustößt". Mitarbeiter des WSJ kontaktierten Shirshikov in der Nacht und teilten ihm mit, dass sie die Verbindung zu dem Reporter verloren hätten.

Am Abend des 29. März berichteten Augenzeugen von der Festnahme einer nicht identifizierten Person in der Nähe des Restaurants Bukowski Grill in der Karl-Liebknecht-Straße, so die Publikation Vechernye Vedomosti.

"Angeblich forderten die in Zivil gekleideten Sicherheitsbeamten den Mann auf, ihnen in ihren Wagen zu folgen. Während sie den Festgenommenen führten, zogen sie ihm einen Pullover über den Kopf, so dass niemand sein Gesicht sehen konnte", schrieb die "Vechernye Vedomosti".

Schirschikow schrieb, er habe das Restaurant am Vortag zusammen mit Gershkovich besucht.

Evan Gershkovich berichtet für das Wall Street Journal über Ereignisse in Russland und der Ukraine. Er wohnt seit sechs Jahren in Moskau.

Die Jekaterinburger Publikation It's My City schrieb, dass Evan Gershkovich vor einigen Wochen in die Stadt kam und dann am vergangenen Mittwoch in die Stadt zurückkehrte, um sein Projekt abzuschließen. In dem Artikel schrieb der Reporter vor allem über die Haltung der Gesellschaft gegenüber PMC Wagner, sagte Schirschikow auch.

"Evan ist nach Jekaterinburg gefahren, um über die Einstellung der Menschen zum Krieg und über die Rekrutierung von Einheimischen im PMC Wagner zu schreiben", sagte der Journalist Dmitri Kolezev. 

Nach Angaben der Zeitung "Kommersant" soll Gerschkowitsch nach Moskau gebracht werden. Die Entscheidung über seine Verhaftung wird vom Gericht in Lefortowo getroffen, während sein Spionagefall vom Zentralapparat des FSB bearbeitet wird.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte später, der WSJ-Reporter sei auf frischer Tat verhaftet worden. 

"Das ist ein Vorrecht des FSB. <...> Soviel wir wissen, wurde er auf frischer Tat ertappt. <...> Es geht nicht um einen Verdacht, er wurde auf frischer Tat ertappt", sagte Peskow vor Reportern. 

Das Wall Street Journal forderte die sofortige Freilassung des Journalisten.